Kinder im Lebenslauf angeben?

Bewerbung: Frau mit Kind und Bewerbungsschreiben in der Hand

Ines Wolf-Vetter, Leiterin der Kontaktstelle Frau und Beruf Nordschwarzwald zum Thema "Kinder im Lebenslauf angeben".

PRO und CONTRA und der Rat einer Expertin

Kinder angeben oder nicht? An dieser Frage scheiden sich die Geister. Im Sinne des Gleichbehandlungsgesetzes sollte es keinen Unterschied machen, ob eine Frau ihre Kinder bei der Bewerbung angibt oder nicht. Was zählt, ist die Eignung für die Stelle. Theoretisch. Dennoch fragen sich manche Frauen, ob sie bei der Bewerbendenauswahl benachteiligt werden, wenn sie sich als Mütter outen. Andere gehen offensiv mit dem Thema "Kinder im Lebenslauf" um.

 

CONTRA: Kinder gehören nicht in den Lebenslauf! 

Manche Frauen sehen keinen Grund, ihre Kinder anzugeben, wie Simone Bernardi (Head of R&D Software bei TRUMPF Hüttinger), die in einem Kommentar zu einem Aufruf von Frau und Beruf BW auf LinkedIn überzeugt schreibt:

„In meinem Lebenslauf tauchen seit jeher weder meine Eltern, mein Ehemann oder meine Kinder auf. Es geht dabei um mich und meinen Karriereweg. Das heißt nicht, dass ich es gänzlich verschweige. Im Bewerbungsgespräch gehe ich sogar sehr offensiv damit um. Damit habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht“.

 

PRO: Kinder natürlich im Lebenslauf angeben!

Die gegenteilige Meinung vertritt Anja Lesche (Referentin HR Top Management bei ZF Group) in ihrem Kommentar auf LinkedIn:

„Ich nehme meine Kinder sehr gerne in meinem Lebenslauf mit auf. Ich bin sehr stolz darauf mit drei Kindern die Balance zwischen Beruf und privatem Leben realisiert bekommen zu haben und ich beobachte voller Freude wie Familien sich ausprobieren, um beides zu ermöglichen. Da hat sich meiner Meinung nach schon einiges getan und es ist noch weiter ausbaufähig.“

Auf der PRO-Seite steht auch Jasmin Lang in ihrem LinkedIn-Kommentar:

„Meine Kinder gehören zu meinem Leben und damit auch in meinen Lebenslauf. Die Herausforderung Vereinbarkeit meistern wir als Familie zusammen. Ich habe vieles mit und von den Kindern gelernt. Sie haben mich geprägt. Die ganzen Skills, die man hier aufführen könnte, welche auf das CV*- Konto einzahlen, spare ich mir hier. Entscheidend sind doch zwei Dinge: 1. Wenn ich für eine Organisation arbeiten möchte, dann lebt diese Vereinbarkeit. Sonst arbeite ich nicht für sie. 2. Jede Mutter muss selbst entscheiden, was sie im CV preisgibt. Man kann sich nur dann authentisch und stark präsentieren, wenn man mit seiner Geschichte im Reinen ist“.

 

Das rät die Expertin

Frau und Beruf BW hat zu diesem Thema eine Expertin befragt, die viele Jahre in unterschiedlichen Funktionen in der Personaldienstleistung tätig war und damit ein umfangreiches know how mitbringt. Ines Wolf-Vetter ist auch die neue Leiterin der Kontaktstelle Frau und Beruf Nordschwarzwald. 

 

Frau Wolf-Vetter, wie sieht die Realität aus? Werden Kinder angegeben oder nicht?

 

Das hält sich in etwa die Waage. Es gibt die ganze Bandbreite im Alltag. Es gibt die, die einfach noch ganz traditionell ihren Lebenslauf schreiben, ohne sich groß Gedanken zu machen, ob sich da vielleicht etwas verändert hat. Und es gibt natürlich auch die, die direkt aus dem Bewerbercoaching kommen und auf dem neuesten Stand sind.

 

Und was ist der neueste Stand?

 

Der aktuellste Stand ist, dass Kinder nicht im Lebenslauf stehen müssen, auch nicht der Familienstand. Das basiert auf dem AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz), das ganz klar besagt, dass Menschen aufgrund bestimmter Dinge nicht unterschiedlich behandelt werden dürfen. Und dazu gehört - auch wenn es nicht explizit aufgeführt ist - der Familienstand und ob man Kinder hat oder nicht.

 

Aber gibt es nicht Unternehmen, die Mütter bei der Auswahl benachteiligen?

 

Pauschal hierzu eine Aussage zu treffen, ist schwierig. Mit Sicherheit ist es nicht im Interesse der Unternehmen die Mütter zu benachteiligen oder nicht AGG-konform zu agieren. Es kommt darauf an, wie eine Personalabteilung generell aufgestellt ist. Bei jüngeren, moderneren oder weiblicheren Unternehmen herrscht ein neues Verständnis von Personalarbeit vor. Diese Unternehmen haben den notwendigen Wandel schon vollzogen. Dann gibt es natürlich auch die Unternehmen, die Personalarbeit eher administrativ betreiben oder als „Hoheitsgebiet“ sehen. Sie haben noch nicht verstanden, dass man angesichts des Fachkräftemangels Menschen begeistern muss, damit sie sich bewerben und auch später im Unternehmen bleiben. Wenn man familienfreundliche Angebote macht, stocken Frauen beispielsweise auf und das wirkt direkt dem Fachkräftemangel entgegen.

 

Würden Sie dazu raten, Kinder anzugeben?

 

In der schriftlichen Bewerbung muss man Kinder nicht angeben, auch nicht den Familienstand. Aber im Vorstellungsgespräch sollte man ehrlich sein. Schließlich ist das für ein gutes Verhältnis zwischen Unternehmen und Arbeitnehmerin notwendig. Und: Eltern brauchen eventuell besondere Rahmenbedingungen, die man dann besprechen kann. Eine Frau kann im Bewerbungsgespräch erklären, dass sie die Kinderbetreuung perfekt organisiert hat, dass sie auch einen Plan A, B, C hat, falls - trotz guter Organisation - mal etwas dazwischen kommt.

Wenn ein Arbeitgeber oder eine Arbeitgeberin ein Problem damit hat, dass Kinder eine wichtige Rolle im Leben einer Frau spielen, dann muss sich jede Mutter überlegen, ob das der richtige Arbeitgebende ist.

 

Ist es kein Problem, wenn sich z.B. eine Frau mit drei kleinen Kindern auf eine „stressige“ Stelle bewirbt und sich erst im Vorstellungsgespräch outet?

 

Für mich persönlich nicht. Wenn sich eine Mutter auf diese Stelle bewirbt, dann hat sie sich damit auseinandergesetzt und überlegt, ob sie die Anforderungen leisten kann. Und wenn mich die Frau im Gespräch überzeugt, dann sind für mich die Kinder kein Hemmnis.

 

Haben Sie noch einen Mutmach-Tipp?

 

Aus meiner Praxis weiß ich, dass Frauen in der Bewerbungsphase oft sagen, was sie alles nicht können. Ich glaube, es ist wichtig, dass sie sich bewusst machen, was sie alles können oder was sie noch lernen können und wo sie sich schnell einarbeiten. Wenn eine Frau sieht, dass sie nur 50 Prozent von dem beherrscht, was in der Stellenausschreibung steht, dann traut sie sich den Job nicht zu. Ein Mann sagt: 50 Prozent? Den Rest kann ich lernen! Und:

"Seien Sie einfach selbstbewusst und gehen Sie mutig in die Bewerbung!"

 

Wir danken für das Gespräch!

 

CV ist die Abkürzung für "Curriculum Vitae", übersetzt Lebenslauf.